Wie kam es zu «Beben»?

5.4.2025 / blog / Beben
Oskar Haag Oskar Haag © Michelle Rassnitzer

Der Startschuss für die vierte und letzte Tanzproduktion der aktuellen Spielzeit ist bereits gefallen. Ab dem 3. Mai bringt das Tanzensemble zusammen mit dem jungen Musiker Oskar Haag die Kammerspiele zum Vibrieren. Emotionen wie Liebe, Angst oder Freude lösen physische Reaktionen aus, die wir weder kontrollieren noch verstecken können. Für das Tanzstück Beben begibt sich Co-Direktor Tanz Marcel Leemann zusammen mit den Tänzer:innen auf die Suche nach Zuständen, die sich auftun, wenn es uns unmöglich ist, unsere Emotionen zu verbergen. Nachfolgend beantwortet er drei Fragen zum Konzept und zur Zusammenarbeit mit den Beteiligten.

Marcel, was hat dich zu diesem Stück inspiriert?

Marcel Leemann Es bebt – überall auf der Welt. Die derzeitigen politischen Entwicklungen und die gesellschaftliche Lage fühlen sich wie unendliche Erdbeben mit weitreichenden Erschütterungen an. Alles ist in Bewegung, bisher geltende Regeln werden plötzlich aufgebrochen, wir scheinen die Kontrolle zu verlieren. Diese Situation tänzerisch zu verarbeiten, reizt mich, da der Tanz dazu prädestiniert ist. Was geht in uns vor, wenn wir zu zittern beginnen, sei es vor Nervosität, Kälte oder überbordender Emotion? Wie behalten wir die Balance und wo finden wir Halt, wenn der Boden wankt? Wie wirken sich schwerwiegende Veränderungen auf uns aus, deren Ursachen wir nicht beeinflussen können? Dabei interessiert es mich auch sehr, gemeinsam mit den Tänzer:innen zu suchen und zu kreieren. Welche Erfahrungen haben sie zum Thema «Beben»? Von welchen Situationen können sie dazu berichten, welche körperlichen Assoziationen verbinden sie damit?

Tanzensemble bei den Proben Tanzensemble bei den Proben © Andrea Widauer

Was bedeutet für dich die Zusammenarbeit mit dem Musiker Oskar Haag?

Beben ist eng mit der Musik von Oskar Haag verknüpft. Tanz, Text und Musik verweben sich zu einem gemeinsamen musikalischen Thema. Oskars Stimme sowie seine Kompositionen sind sehr beeindruckend und packend. Er schafft einzigartige Klangwelten voller Emotionen, Humor und Melancholie. Es ist eine große Freude, mit unserem jungen Tanzensemble und einem musikalischen Nachwuchstalent wie Oskar zusammenzuarbeiten, der bei den Vorstellungen auch live auf der Bühne stehen wird.

Wie setzt sich das Produktionsteam zusammen?

Für diese Produktion habe ich ein Team zusammengebracht, das sehr jung ist. Neben den Tänzer:innen und Oskar Haag sind mit Monika Lechner und Leah Watzdorf eine derzeitige sowie eine ehemalige Ausstattungsassistentin vom TLT beteiligt. Die beiden kreieren für die Kammerspiele ein Bühnenbild, das den Raum sowohl öffnen wie auch einengen und unterschiedliche Orte entstehen lassen kann.

Für die Kostüme arbeiten sie mit Jeansstoff, der immer aktuell ist und eine gewisse Uniformität hervorruft, die jedoch mit weiteren, bunten Kostümteilen durchbrochen wird und so die Individualität jedes und jeder einzelnen unterstreicht. Für die inhaltliche Stringenz sorgen Texte von Julia Costa, einer Tiroler Autorin mit Schweizer Wurzeln, die wunderbar mit Worten umgehen kann. Anhand von lyrischen wie auch aktuell-situativen Texten können wir die Bandbreite der physischen Möglichkeiten inhaltlich erweitern und das komplexe Thema «Beben» zusätzlich durchleuchten.

Ensemble beim Proben im Balletsaal Ensemble beim Proben im Balletsaal © Andrea Widauer

Texte, die von Tänzer:innen auf der Bühne live gesprochen werden, haben mich in meinen Arbeiten seit jeher interessiert und begleitet. Der direkte Draht zu den jungen Menschen und der kreative Austausch mit ihnen spielen in vielen meiner Produktionen eine wichtige Rolle. Das gibt mir die Chance, ihre Ansichten, Hoffnungen oder auch Ängste zu erfahren – Dinge, die bei mir nicht mehr aktuell sind und die ich sonst übersehen oder gar nicht auf dem Schirm gehabt hätte.

 

Die Fragen stellte Stefan Späti.