Eine Komödie über den Krieg? Echt Jetzt?

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«Ort: ein Land der westlichen Demokratie. Zeit: vor Ausbruch des nächsten Weltkriegs.» Mit diesen Koordinaten beginnt das brutal lustige Theaterstück Die Hölle auf Erden, geschrieben von der österreichischen Autorin Maria Lazar in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Eine Komödie über den Krieg? Echt jetzt? Ja. Echt jetzt. Je schlimmer die Zeiten, desto mehr Komödie braucht der Mensch. Er braucht Geschichten, in denen das Übel benannt und über den Kamm des Humors geschoren wird, bis nichts mehr bleibt als eine Glatze. Glatzen sind lustig. Hitler, Goebbels und Göring hatten Haare. Sie waren nicht lustig. Zu den markantesten Merkmalen des Faschismus gehört sein völliger Mangel an Humor.

«Von Hitler ist kein einziger Witz überliefert, und Goebbels
sieht auf allen Bildern so aus, als hätte er gerade erfahren,
dass es doch nichts werden wird mit dem
1000-jährigen Reich.»

Anita Augustin, Dramaturgin

Von Hitler ist kein einziger Witz überliefert, und Goebbels sieht auf allen Bildern so aus, als hätte er gerade erfahren, dass es doch nichts werden wird mit dem 1000-jährigen Reich. Ist ja auch nichts draus geworden, aber wer konnte das schon ahnen in den 1930er Jahren? Maria Lazar musste vom glatten Gegenteil ausgehen und doch … nein, genau deswegen hat sie gelacht – aus tiefer politischer Verzweiflung über den mörderischen Ernst einer mörderischen Ideologie. Dieses Gelächter ist uns in Form der Komödie Die Hölle auf Erden überliefert. 2022 wurde das unveröffentlichte, ungespielte Stück im Nachlass der Autorin entdeckt, jetzt wird es am Tiroler Landestheater uraufgeführt.

Bühne frei für über 30 Figuren made by Lazar, darunter ein dummdreister Faschist, eine rotzfreche Kommunistin, ein paar hilflose Funktionäre vom Völkerbund (heute die UNO), der Teufel (in Gestalt eines Rüstungsmagnaten), der Heilige Petrus (psychisch labil), zwei Engel (schwer verängstigt) und Gott natürlich, aber der ist in Pension und lässt sich nicht wirklich sehen. Die Story ist so abenteuerlich wie das Personal, das Happy End so schmerzhaft wie ein
Schuss ins Knie: Ausgerechnet der Teufel rettet die Welt vor dem totalen Krieg und wird für den Friedensnobelpreis nominiert.

LOL!

Unter uns gefragt: Worüber würde Maria Lazar heute lachen? Worüber würde sie im Jahr 2024 eine brutal lustige Komödie schreiben aus tiefer politischer Verzweiflung? Hm. Sagen wir so: Genug Stoff für ein Remake von Die Hölle auf Erden. Europa rückt nach rechts, Russland führt Krieg, die UNO ist hilflos, die Rüstungsindustrie freut sich (teuflisch!) und in Österreich will ein faschistoider Populist allen Ernstes Kanzler werden. LOL!

TEXT Anita Augustin
BILD Österreichische Exilbibliothek – Literaturhaus Wien

video - Titelbild
Elisabeth Weiss (Bühne & Kostüme), Anna Marboe (Regie) Bühne & Kostüme und Anita Augustin (Dramaturgie) bei der Konzeptionsprobe. © Maria Schrott

DIE HÖLLE AUF ERDEN

Komödie von Maria Lazar

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